Rotraud A. Perner

Ageismus

Rotraud A. Perner | 13-01-2016

So wie Rassismus und Sexismus gibt es auch Ageismus: Diskriminierung wegen des Alters. Im heutigen „Standard“ findet sich dazu auf der letzten Seite ein Cartoon mit dem Titel „Jungspunde“, auf dem Irmgard Griess (heuer 70) sagt „Die Queen ist fast 90!“, Andreas Kohl (heuer 75) „Der Adenauer war mit 87 noch immer Bundeskanzler!“ und Alexander van der Bellen (soeben 71) „Und der Helmut Schmidt wurde fast 97!“ Im Blattinneren wettert Karl Blecha (heuer 83) über die Unfairness, der Kandidatenschaft für das höchste Amt im Staate das fortgeschrittene Alter vorzuwerfen.

Lieber Charly: Es ist doch Wahlkampf! Und du als vielfacher Wahlkampfmanager weißt doch ganz genau, wie ihr den Journalisten die Themenflöhe ins Ohr setzt!

Einer der Gründe, weswegen ich mein Mandat – für viele unverständlich – genau zum dem Zeitpunkt, an dem ich in den Wiener Landtag hätte einziehen sollen, zurück gelegt habe, war, dass ich nach meiner psychotherapeutischen Ausbildung die Gesundheitsschädigungen durch die vielen Wadelbeissereien, Verleumdungen und Rufschädigungen nicht mehr erdulden wollte. Auch wenn ich manchen der bisherigen KandidatInnen sehr kritisch gegenüber stehe und mir andere gewünscht hätte, so finde ich es nicht richtig, das historische Alter (anstelle des biologischen), als Kritikpunkt hervorzukehren und nicht das historische Verhalten. Damit beziehe ich mich auf die Andreas-Khol‘sche Namensgebung „rote Gfrieser“ für mich und meine GesinnungsgenossInnen. Eine Entschuldigung steht noch immer aus …

Albert Camus betonte, ab einem bestimmten Alter sei man für sein Gesicht verantwortlich, und die Schauspielerin Barbara Rütting präzisierte dies mit „ab 30“. Das kann man natürlich bloß auf Mimik hin deuten – aber das gewohnte Minenspiel gräbt sich in Gesichtsfurchen ein und macht damit deutlich, welche Gefühle im Leben dominiert haben. So wie die chronifizierte Körperhaltung aufzeigt, wieviel Last jemand zu tragen hatte oder die Halspartie, wieviel Nackenschläge man abwehren musste, so weiß der Volksmund, weshalb er von Lach- oder Zornfalten spricht. Gerade letztere sind es ja auch, die Frauen mit Botox zum Verschwinden bringen wollen – um den Preis, damit ihr Gefühlsleben zu betonieren.

Ich schätze Frauen, die zu ihren Falten stehen. Dass ich (heuer 72) fast keine habe, ist ein genetisches Privileg und hängt auch mit der Befolgung meiner eigenen Empfehlungen zusammen: Gefühle im Herzen ausbalancieren und so entspannt wie möglich bleiben. (Meine Mutter, die auch bis zu ihrem Tod sehr jugendlich aussah, hatte hingegen eine tiefe Zornfalte zwischen den Augenbrauen, die sich – schauschau! – erst nach dem Tod meines Vaters glättete!) Harald Juhnke fällt mir ein: Der hatte so ein Lied – hoffentlich erinnere ich mich halbwegs korrekt! – da hieß es drin „Keine Falte tut mir leid – ich bin ein Mann mit viel Vergangenheit …“ und „Jede Falte könnt ne Story sein …“

Ja! Genau! Was lebt, bewegt sich!

Pokerface hingegen signalisiert, dass Gefühle verleugnet oder gar abgetötet werden!